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Markus Johannes "Mischa" Wolf * 19. Januar 1923 in Hechingen (Baden-Würtemberg);
† 9. November 2006 in Berlin)
( 83 Jahre )
war ein deutscher Leiter des Auslandsnachrichtendienstes der DDR. Er leitete von 1952 bis 1986 die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), den Auslandsnachrichtendienst im Ministerium für Staatssicherheit.

Markus Wolf (1989)

Im Mai 1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, kehrte Wolf wenige Tage nach Leonhard nach Berlin zurück. Zunächst machten beide Karriere in der Kommunistischen Partei Deutschlands bzw. der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Während aber Leonhard 1949 mit dem Stalinismus brach und im Jahr darauf in die Bundesrepublik Deutschland emigrierte, blieb Wolf linientreu.

Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) setzte ihn, der die sowjetische Staatsangehörigkeit hatte, unter dem Decknamen "Michael Storm" als "Kontrolloffizier" beim Aufbau des Berliner Rundfunks ein. Dort war er u. a. der Vorgesetzte von Karl-Eduard von Schnitzler. Zudem war er 1945/46 als Berichterstatter bei den Nürnberger Prozessen akkreditiert.

Nach der Gründung der DDR wurde Wolf 1949 als Erster Rat an die DDR-Botschaft in Moskau berufen. Diese Tätigkeit übte er bis 1951 aus.

Ab September 1951 beteiligte sich Wolf in Berlin am Aufbau des ersten Auslandsnachrichtendienstes der DDR, des Instituts für wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF). Er wurde stellvertretender Leiter der Hauptabteilung III (Abwehr). 1952 wurde Wolf als Nachfolger von Anton Ackermann zum Leiter des IWF berufen. Wolf wurde damit mit 29 Jahren Chef eines weltweiten Agentennetzes mit 4600 hauptamtlichen Mitarbeitern, über 10.000 inoffiziellen Mitarbeitern und 1500 Spionen in der Bundesrepublik Deutschland, darunter rund 50 Spitzenquellen.

1953 wurde das IWF ins Ministerium für Staatssicherheit eingegliedert. Seine Mitarbeiter wurden speziell ausgewählt, waren vielfach besser ausgebildet als andere Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit und verstanden sich als dessen Elite. Wolf wurde Leiter der Hauptabteilung XV (Auslandsaufklärung), deren Bezeichnung 1956 in Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) umgewandelt wurde. Wolf wurde Generalmajor und war als Spionagechef auch 1. Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit, zunächst unter Ernst Wollweber, dann unter Erich Mielke. Wolfs besonderes Augenmerk galt der Wirtschaftsspionage in der Bundesrepublik Deutschland und der Einflussnahme auf die westdeutsche Politik durch gezielte Falschinformationen mit dem Ziel der Destabilisierung.

1972 trug Wolf laut seinen 1997 veröffentlichten Memoiren zum Scheitern des Misstrauensvotums gegen Willy Brandt bei, weil der DDR und der Sowjetunion an der Sicherung der Ostverträge gelegen war. Er bestach den CDU-Abgeordneten Julius Steiner mit 50.000 DM, damit sich dieser der Stimme enthielt.

Markus Wolf (Mitte, mit Sonnenbrille) bei der Beisetzung seines Bruders Konrad in Berlin 1982. Unter den Trauergästen u. a. Erich Mielke (2.R.2.v.r.) und Erich Honecker (2.R.4.v.r.).

Im März 1976 und nach der Scheidung von seiner Frau Emmi lernte er in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) Christa Heinrich, eine gelernte Schneiderin, kennen. Er heiratete sie 1976 und weihte sie in seine Geheimdienst-Tätigkeit ein. Sie war damals selbst seit Jahren für die Stasi tätig.

Im Jahr 1979 wurde Wolf von Werner Stiller beim Bundesnachrichtendienst auf einem Foto des schwedischen Nachrichtendienstes identifiziert. Es zeigte ihn bei einem Einkauf in Stockholm. Nachdem es im Westen seit den 1950er Jahren kein aktuelles Foto von ihm gegeben und er den Beinamen "Mann ohne Gesicht" bekommen hatte, war dies sensationell. Seitdem waren seine Reisemöglichkeiten ins westliche Ausland stark eingeschränkt. Dieses Bild wurde dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel von Seiten des BND lanciert und machte Markus Wolf auch der westdeutschen Öffentlichkeit bekannt.

Ein seltenes Foto zeigte Wolf am 12. März 1982 bei der Beerdigung seines Bruders auf dem Friedhof Berlin-Friedrichsfelde. Das Foto schoss der Stern-Fotograf Harald Schmitt, der in seinem Bildband Sekunden, die Geschichte wurden berichtete, dass die Negative zu den Fotos "auf mysteriöse Weise" aus dem Stern-Archiv verschwunden seien.

Im Mai 1986 wurde Wolf auf eigenen Wunsch beurlaubt. Er ließ sich im August 1986 von seiner Frau Christa scheiden und begann sein erstes Buch, Die Troika. Im Oktober 1986 heiratete er Andrea Stingl, mit der er bis zu seinem Tod zusammen blieb. Stingl hatte vier Monate wegen versuchter Republikflucht in Stasi-Haft gesessen. Dies und Wolfs Frauenverhältnisse im Allgemeinen waren seinem Vorgesetzten Erich Mielke ein Dorn im Auge. Im November 1986 wurde Generaloberst Wolf aus dem MfS entlassen. Mielke deutete in späteren Zeitungsinterviews an, dass Wolfs Lebenswandel auch zu seinem Ausscheiden aus der Stasi führte.

Kurz darauf lernte er bei den Dreharbeiten zu der Dokumentation der DEFA über seinen Vater Friedrich Wolf (Verzeiht, dass ich ein Mensch bin von Lew Hohmann) dessen jüngsten Sohn, seinen Halbbruder Thomas Naumann kennen.

1997 gab es eine weitere Verurteilung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung in vier Fällen. Im gleichen Jahr wurde gegen Wolf wegen Aussageverweigerung im Spionageprozess gegen den SPD-Politiker Paul Gerhard Flämig drei Tage Beugehaft verhängt.

Grab von Konrad und Markus Wolf auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin

Gegen Ende seines Lebens lebte Wolf in Berlin, wo er im Alter von 83 Jahren in der Nacht zum 9. November 2006 starb. Am 25. November wurde seine Urne im Grab seines Bruders Konrad in der Grabanlage Pergolenweg des Zentralfriedhofs Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.

Seine Stieftochter Claudia Wolf war ab 1993 Assistentin und zweite Ehefrau des schwäbischen Unternehmers Hans Wall. Sein Sohn Franz Wolf wurde im Zusammenhang mit den Offshore-Leaks als Finanztreuhänder bekannt. 2011 entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, dass der Witwe Andrea Wolf keine Entschädigungsrente zustehe, die ihrem Mann als "Kämpfer gegen den Faschismus" gestrichen worden war.


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